Intrakranieller Druck

Was ist intrakranieller Druck?
Intrakranieller Druck, auch Hirndruck genannt, ist der im Schädelinneren einschließlich Liquorräumen herrschende Druck. Er beträgt beim Erwachsenen im Liegen 8 bis 10 mmHg.

Warum ist der intrakranielle Druck von Bedeutung?
Das Gehirn wird über das Blut ständig mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Kommt es zu einer Verminderung der Hirndurchblutung, kann es zur Schädigung des Gehirns, das heißt zum Absterben von Nervenzellen kommen. Der intrakranielle Druck ist von Bedeutung, weil er die Durchblutung des Gehirns und damit sein Sauerstoff- und Nährstoffangebot beeinflußt: Unter normalen Bedingungen ist der intrakranielle Druck niedrig, führt also zu keiner Einschränkung der Hirndurchblutung. Steigt der intrakranielle Druck, kann die Hirndurchblutung absinken. Wenn – im Extremfall – der Hirndruck den Blutdruck übersteigt wird das Gehirn nicht mehr durchblutet, und stirbt wegen Sauerstoff- und Nährstoffmangel schließlich ab.

Wie kommt es zu einer Erhöhung des intrakraniellen Druckes?  
Wird das Gehirn durch Verletzung ("Schädel-Hirn-Trauma") oder eine Blutung geschädigt, reagiert es in typischer Art und Weise: Es schwillt, weil sein Wassergehalt zunimmt; es entsteht ein "Hirnödem" (Hirnschwellung). Jeder, der einen Finger oder Knöchel verstaucht hat, kann einen ähnlichen Mechanismus beobachten: Der Finger oder Knöchel schwillt. Die Hirnschwellung unterscheidet sich davon in einem wesentlichen Punkt: Das Gehirn ist von einer harten Knochenschale umgeben, die das Gehirn zwar vor Schädigungen schützt, jedoch aufgrund ihrer starren Eigenschaften bei einer Schwellung des Gehirns nicht nachgeben kann. Der intrakranielle Druck steigt an, das heißt der in der Schädelhöhle herrschende Druck nimmt zu, die Durchblutung des Gehirns nimmt ab. Hierdurch kann ein Teufelskreislauf entstehen: Nach einer Schädigung schwillt das Gehirn an, wodurch seine Durchblutung eingeschränkt wird. Durch diese Einschränkung der Durchblutung ("Ischämie") kommt es zu einer weiteren zusätzlichen Schädigung des Gehirns, auf die es mit einer Zunahme der Schwellung reagiert, damit seine Durchblutung noch weiter einschränkt, in Folge dessen weiter anschwillt, und so weiter.

Ein Arbeitsschwerpunkt der Sektion "Intrakranieller Druck, Hirnödem und Hirndurchblutung" liegt in der Erforschung der einer Hirnschwellung zu Grunde liegenden Mechanismen.

Wie kann man einen erhöhten intrakraniellen Druck behandeln?
Das Ziel der Behandlung ist, den oben beschriebenen Teufelskreis von Hirnschwellung und Mangeldurchblutung frühzeitig zu durchbrechen. Die Hirnschwellung, die durch eine Zunahme des Wassergehaltes verursacht wird, kann mit Medikamenten behandelt werden, die zu einer "Entwässerung" des Gehirns führen. Weiterhin kann man durch Medikamente den Sauerstoff- und Nährstoffverbrauch des Gehirns senken, um es weniger anfällig für die Folgen einer Mangeldurchblutung zu machen. Schließlich versucht man, das Absinken des Blutdrucks zu verhindern beziehungsweise durch Medikamente den Blutdruck zu erhöhen, weil ein Blutdruckabfall eine Mangeldurchblutung des Gehirns mit anschließender Hirnschwellung zur Folge haben kann. In manchen Fällen führt diese Behandlung jedoch nicht zum gewünschten Erfolg, so daß es erforderlich sein kann, den das Gehirn umgebenden Knochen teilweise zu entfernen: Das Gehirn erhält somit Raum, der intrakranielle Druck sinkt. Nach Abklingen der Hirnschwellung kann das entnommene Knochenstück wieder eingesetzt werden.

Abbildung 1 zeigt ein Beispiel für den zeitlichen Verlauf des Hirndrucks (ICP) bei einem Patienten. Es treten mehrere Episoden auf, bei denen der Hirndruck auf mehr als 55 mmHg ansteigt. Nach Behandlung durch eine spezielle Beatmungsform ("Hyperventilation", markiert in der Abbildung mit "H") sinkt der Hirndruck kurzzeitig ab.

Die Sektion "Intrakranieller Druck, Hirnödem und Hirndurchblutung" beschäftigt sich mit der Verbesserung der bestehenden Behandlungsmöglichkeiten und erforscht neue Behandlungsansätze.

Wie kann man den intrakraniellen Druck messen?
Die intrakranielle Druck wird mit einer kleinen Druckmeßsonde in der Schädelhöhle gemessen. Solche Sonden haben einen Durchmesser von circa 1 bis 2 mm und werden über ein Kabel mit einem Meßgerät verbunden. Somit ist es möglich, den intrakraniellen Druck über den Verlauf von Tagen ununterbrochen zu messen.

Ein Forschungsschwerpunkt der Sektion "Intrakranieller Druck, Hirnödem und Hirndurchblutung" besteht in der Verbesserung der bestehenden Druckmeßsysteme. Weiterhin werden Verfahren untersucht, mit denen man das Sauerstoff und Nährstoffangebot des Gehirns beziehungsweise die Durchblutung des Gehirns messen kann.

Wird das Gehirn durch das Einsetzen der Druckmesser geschädigt?
Die sehr dünnen Meßsonden werden in solchen Hirnarealen eingesetzt, wo kein schwerwiegender Gewebsschaden zu erwarten ist, zum Beispiel im Bereich des Stirnhirns.

In Abbildung 2 ist eine Meßsonde dargestellt, mit der gleichzeitig der Hirndruck und der Sauerstoffgehalt im Hirngewebe gemessen werden kann. Nur die beiden links unten in der Abbildung zu erkennenden "Drähte" kommen im Gehirn zu liegen, die übrigen Anteile der Sonde dienen der Befestigung am Kopf beziehungsweise dem Anschluß der Meßkabel.

Abbildung 3 zeigt ein Beispiel für "multimodales Neuromonitoring", das heißt das gleichzeitige Erfassen von Meßdaten aus dem Gehirn: In der Mitte der Abbildung erkennt man einen Anstieg des Hirndrucks "ICP", der begleitet ist von einem gleichzeitigen Abfall des Blutdruckes "MAP". Dies führt zu einem Abfall des Sauerstoffgehaltes in den Hirngefäßen ("rSO2") als auch im Hirngewebe selbst ("PtiO2").

Ansprechpartner: Prof. Dr. med. J. Meixensberger,
Klinik und Poliklinik für Neurochirurgie, Universitätsklinikum Leipzig
nchi@medizin.uni-leipzig.de

Weiterer Autor: Dr. med. M. Söhle